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Fernbehandlung in Deutschland: Rechtliche Grundlagen und Regelungen der Telemedizin 2025
Die Telemedizin hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Doch viele Patienten sind unsicher: Ist die Behandlung per Video oder Telefon überhaupt legal? Welche Rechte habe ich als Patient? Und welche Regeln müssen Ärzte bei der Fernbehandlung einhalten?
Dieser Ratgeber beantwortet alle wichtigen Fragen zu den rechtlichen Grundlagen der Fernbehandlung in Deutschland. Sie erfahren, wie sich die Gesetzeslage entwickelt hat, welche Pflichten Ärzte haben und welche Rechte Ihnen als Patient zustehen.
Was ist Fernbehandlung? Definition und Abgrenzung
Fernbehandlung bezeichnet die ärztliche Behandlung von Patienten ohne direkten persönlichen Kontakt mithilfe von Kommunikationstechnologien. Der Arzt und der Patient befinden sich dabei an unterschiedlichen Orten und kommunizieren über digitale Medien.
Formen der Fernbehandlung
Ausschließliche Fernbehandlung: Die Behandlung findet vollständig digital statt, ohne dass sich Arzt und Patient jemals persönlich begegnet haben. Diese Form war lange Zeit in Deutschland verboten und ist erst seit 2018 unter bestimmten Bedingungen erlaubt.
Begleitende Fernbehandlung: Der Patient hatte bereits persönlichen Kontakt zum Arzt und nutzt nun digitale Kanäle für Folgekonsultationen, Rezepte oder Befundbesprechungen. Diese Form war schon immer erlaubt.
Telekonsultation: Ein Arzt vor Ort konsultiert einen entfernten Spezialisten digital, um eine zweite Meinung einzuholen oder komplexe Fälle zu besprechen. Der Patient ist dabei meist anwesend.
Telemonitoring: Kontinuierliche Überwachung von Patienten durch digitale Übertragung von Vitaldaten wie Blutdruck, Blutzucker oder Herzfrequenz. Ärzte werten diese Daten aus und reagieren bei Auffälligkeiten.
Abgrenzung zu anderen Begriffen
Telemedizin: Oberbegriff für alle medizinischen Leistungen unter Einsatz von Telekommunikationstechnologien. Umfasst Fernbehandlung, aber auch Telediagnostik, Teleradiologie oder telemedizinische Notfallversorgung.
E-Health: Noch breiterer Begriff, der alle digitalen Anwendungen im Gesundheitswesen umfasst, einschließlich elektronischer Patientenakten, Gesundheits-Apps und digitaler Gesundheitsanwendungen.
Ferndiagnose: Diagnosestellung ohne persönlichen Kontakt. War früher strikt verboten, ist heute im Rahmen der Fernbehandlung unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.
Die rechtliche Entwicklung: Vom Verbot zur Erlaubnis
Die rechtliche Situation der Fernbehandlung hat sich in Deutschland grundlegend gewandelt. Ein Blick auf die Entwicklung hilft, die heutige Rechtslage zu verstehen.
Vor 2018: Das strikte Fernbehandlungsverbot
Bis Mai 2018 galt in Deutschland ein nahezu absolutes Fernbehandlungsverbot. Paragraph 7 Absatz 4 der Musterberufsordnung für Ärzte lautete:
“Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, nicht ausschließlich über Print- und Kommunikationsmedien durchführen.”
Was war erlaubt:
- Beratung als Ergänzung zu persönlichen Behandlungen
- Zweitmeinungen von Fachärzten
- Austausch zwischen Ärzten
- Allgemeine medizinische Informationen
Was war verboten:
- Erstbehandlung ohne persönlichen Kontakt
- Diagnosestellung per Telefon oder Video
- Rezeptausstellung ohne vorherigen Arztbesuch
- Krankschreibung per Fernbehandlung
Diese Regelung sollte Patienten vor Fehldiagnosen schützen und sicherstellen, dass Ärzte ihre Patienten gründlich untersuchen können.
2018: Die Lockerung des Fernbehandlungsverbots
Im Mai 2018 beschloss der 121. Deutsche Ärztetag eine Änderung der Musterberufsordnung. Die ausschließliche Fernbehandlung wurde unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt.
Neue Formulierung: “Ärztinnen und Ärzte dürfen individuelle ärztliche Behandlung, insbesondere auch Beratung, ausschließlich über Kommunikationsmedien durchführen, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird.”
Wichtige Bedingungen:
- Medizinische Vertretbarkeit muss gegeben sein
- Ärztliche Sorgfaltspflicht muss gewahrt bleiben
- Angemessene Dokumentation ist erforderlich
- Bei Zweifeln muss persönlicher Kontakt erfolgen
Diese Änderung war revolutionär und ebnete den Weg für die moderne Telemedizin in Deutschland.
2020-2022: Pandemie als Katalysator
Die COVID-19-Pandemie führte zu einer massiven Ausweitung der Telemedizin:
Erleichterungen während der Pandemie:
- Vereinfachte Abrechnung von Video-Sprechstunden
- Krankschreibung per Telefon zeitweise erlaubt
- Lockerung von Erstattungsregelungen
- Ausbau digitaler Infrastruktur
Dauerhafte Änderungen:
- Elektronisches Rezept (E-Rezept) wurde Standard
- Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (E-AU) eingeführt
- Telemedizin als fester Bestandteil der Regelversorgung etabliert
- Höhere Akzeptanz bei Ärzten und Patienten
Aktueller Stand 2025: Etablierte Praxis
Heute ist Fernbehandlung in Deutschland fest etabliert und aus dem Gesundheitssystem nicht mehr wegzudenken:
Gesetzliche Verankerung:
- Musterberufsordnung erlaubt Fernbehandlung
- Landesärztekammern haben ihre Berufsordnungen angepasst
- Kassenärztliche Vereinigungen regeln Abrechnung
- Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) stärkt Telemedizin
Praktische Umsetzung:
- Tausende Ärzte bieten Telemedizin an
- Krankenkassen erstatten Video-Sprechstunden
- Kommerzielle Anbieter etabliert
- Hohe Patientenakzeptanz
Rechtliche Grundlagen: Welche Gesetze und Regelungen gelten?
Die Fernbehandlung wird durch verschiedene Rechtsquellen reguliert. Ein Überblick über die wichtigsten Regelungen:
Berufsrechtliche Grundlagen
Musterberufsordnung für Ärzte (MBO-Ä): Die Bundesärztekammer gibt eine Musterberufsordnung vor, die von den Landesärztekammern übernommen wird. Paragraph 7 Absatz 4 MBO-Ä regelt die Fernbehandlung.
Kernaussagen:
- Fernbehandlung ist erlaubt, wenn medizinisch vertretbar
- Ärztliche Sorgfalt muss gewahrt bleiben
- Angemessene Befunderhebung erforderlich
- Dokumentationspflicht
- Bei Zweifeln: persönlicher Kontakt
Berufsordnungen der Landesärztekammern: Jede Landesärztekammer hat ihre eigene Berufsordnung, die sich an der MBO-Ä orientiert, aber leicht abweichen kann. Ärzte müssen die Berufsordnung ihrer Landesärztekammer beachten.
Sozialrechtliche Grundlagen
Sozialgesetzbuch V (SGB V): Regelt die gesetzliche Krankenversicherung und damit auch die Erstattung telemedizinischer Leistungen.
Relevante Bestimmungen:
- Paragraph 87 Absatz 2a SGB V: Vergütung von Video-Sprechstunden
- Paragraph 33 SGB V: Versorgung mit Arzneimitteln (E-Rezept)
- Paragraph 334 SGB V: Elektronische Gesundheitskarte
Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG): Seit 2021 in Kraft, stärkt die Telemedizin durch:
- Erleichterung der Video-Sprechstunden-Abrechnung
- Förderung digitaler Gesundheitsanwendungen
- Ausbau der Telematikinfrastruktur
- Vereinfachung des E-Rezepts
Datenschutzrechtliche Grundlagen
Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Gilt für alle Gesundheitsdaten und regelt deren Verarbeitung streng. Gesundheitsdaten gehören zu den besonders schützenswerten Daten.
Wichtige Pflichten für Telemedizin-Anbieter:
- Einwilligung des Patienten einholen
- Verschlüsselte Datenübertragung
- Sichere Datenspeicherung auf EU-Servern
- Transparente Datenschutzerklärung
- Recht auf Auskunft, Löschung und Berichtigung
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Ergänzt die DSGVO für Deutschland und enthält spezielle Regelungen für Gesundheitsdaten.
Arzneimittelrechtliche Grundlagen
Arzneimittelgesetz (AMG): Regelt die Verschreibung von Medikamenten, auch bei Fernbehandlung.
Wichtige Einschränkungen:
- Betäubungsmittel grundsätzlich nicht per Fernbehandlung verschreibbar
- Ausnahmen nur bei bestehender Behandlungsbeziehung
- Sorgfältige Dokumentation erforderlich
Betäubungsmittelgesetz (BtMG): Verschärfte Regelungen für Betäubungsmittel. Fernverschreibung grundsätzlich verboten, Ausnahmen sehr eng gefasst.
Haftungsrechtliche Grundlagen
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Regelt die Haftung bei Behandlungsfehlern. Bei Fernbehandlung gelten dieselben Haftungsmaßstäbe wie bei persönlichen Behandlungen.
Ärztliche Haftung:
- Verschuldensprinzip: Arzt haftet bei Pflichtverletzung
- Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern
- Aufklärungspflicht auch bei Fernbehandlung
- Dokumentationspflicht besonders wichtig
Ärztliche Pflichten bei der Fernbehandlung
Ärzte müssen bei der Fernbehandlung hohe Standards einhalten. Diese Pflichten schützen Patienten vor Fehlbehandlungen.
Sorgfaltspflicht und medizinische Vertretbarkeit
Medizinische Vertretbarkeit prüfen: Der Arzt muss vor jeder Fernbehandlung prüfen, ob diese im konkreten Fall medizinisch vertretbar ist.
Kriterien für Vertretbarkeit:
- Symptome können ohne körperliche Untersuchung beurteilt werden
- Diagnose ist hinreichend sicher stellbar
- Keine Hinweise auf schwerwiegende Erkrankungen
- Patient ist zur Kommunikation und Mitarbeit in der Lage
Nicht vertretbar sind beispielsweise:
- Akute Notfälle mit Verdacht auf lebensbedrohliche Zustände
- Erstdiagnose komplexer, unklarer Symptome
- Erkrankungen, die zwingend körperliche Untersuchung erfordern
- Patienten mit Kommunikationsschwierigkeiten ohne Unterstützung
Anamnese und Befunderhebung
Sorgfältige Anamnese durchführen: Der Arzt muss eine ebenso gründliche Anamnese erheben wie bei persönlichem Kontakt.
Mindestanforderungen:
- Aktuelle Beschwerden detailliert erfragen
- Vorerkrankungen und Medikation abklären
- Allergien und Unverträglichkeiten dokumentieren
- Familien- und Sozialanamnese bei Bedarf
- Frühere Behandlungen erfassen
Befunderhebung anpassen: Da körperliche Untersuchung fehlt, muss der Arzt andere Wege nutzen:
- Visuelle Beurteilung per Video
- Gezielte Fragen zu Symptomen
- Einbeziehung vorhandener Befunde
- Anleitung zur Selbstuntersuchung bei Bedarf
Aufklärungspflicht
Über Grenzen der Fernbehandlung aufklären: Patienten müssen über die Besonderheiten und Einschränkungen der Fernbehandlung informiert werden.
Aufklärungsinhalte:
- Grenzen der Diagnostik ohne körperliche Untersuchung
- Mögliche Unsicherheiten bei der Diagnose
- Wann persönliche Vorstellung notwendig ist
- Technische Risiken und Datenschutz
- Alternative Behandlungsmöglichkeiten
Einwilligung einholen: Der Patient muss der Fernbehandlung ausdrücklich zustimmen. Diese Einwilligung muss dokumentiert werden.
Dokumentationspflicht
Alle Schritte dokumentieren: Die Dokumentation bei Fernbehandlung muss besonders sorgfältig erfolgen.
Pflichtangaben:
- Datum und Uhrzeit der Konsultation
- Verwendetes Kommunikationsmedium
- Anamnese und Befunde
- Gestellte Diagnose oder Verdachtsdiagnose
- Begründung für medizinische Vertretbarkeit
- Therapieempfehlung und Verschreibungen
- Aufklärung über Grenzen der Fernbehandlung
- Einwilligung des Patienten
Verweisung bei Notwendigkeit
An niedergelassene Ärzte verweisen: Wenn die Fernbehandlung an ihre Grenzen stößt, muss der Arzt den Patienten an einen niedergelassenen Arzt oder eine Klinik verweisen.
Verweisungspflicht besteht bei:
- Unklarer oder schwerwiegender Diagnose
- Notwendigkeit körperlicher Untersuchung
- Erfordernis von Labor- oder Bildgebungsuntersuchungen
- Therapieversagen trotz Behandlung
- Ausdrücklichem Patientenwunsch nach persönlichem Kontakt
Patientenrechte bei Telemedizin
Als Patient haben Sie bei Fernbehandlung dieselben Rechte wie bei persönlichen Arztbesuchen. Einige Besonderheiten sind jedoch zu beachten.
Recht auf Aufklärung
Umfassende Information: Sie haben das Recht auf vollständige Aufklärung über:
- Ihre Erkrankung und mögliche Diagnosen
- Behandlungsoptionen und deren Vor- und Nachteile
- Grenzen der Fernbehandlung
- Risiken und Nebenwirkungen
- Alternative Behandlungsmöglichkeiten
Verständliche Sprache: Der Arzt muss sich so ausdrücken, dass Sie als medizinischer Laie die Informationen verstehen können.
Recht auf freie Arztwahl
Freie Wahl des Anbieters: Sie dürfen frei entscheiden, welchen Telemedizin-Anbieter oder Arzt Sie konsultieren möchten.
Wechsel jederzeit möglich: Sie sind nicht an einen Anbieter gebunden und können jederzeit wechseln.
Recht auf Einsicht in die Patientenakte
Digitale Patientenakte: Sie haben das Recht auf vollständige Einsicht in Ihre digitale Patientenakte.
Umfang:
- Alle Konsultationsnotizen
- Diagnosen und Befunde
- Verschreibungen und Rezepte
- Aufklärungsdokumente
- Kommunikationsverlauf mit dem Arzt
Kopien anfertigen: Sie dürfen Kopien aller Unterlagen anfertigen oder anfordern.
Recht auf Selbstbestimmung
Entscheidungsfreiheit: Sie entscheiden selbst, ob Sie eine Fernbehandlung wünschen oder lieber persönlich zum Arzt gehen möchten.
Ablehnung möglich: Sie können eine Fernbehandlung jederzeit ablehnen und auf persönlichem Kontakt bestehen.
Einwilligung widerrufen: Bereits erteilte Einwilligungen können Sie jederzeit widerrufen.
Recht auf Datenschutz
DSGVO-Rechte: Alle Rechte aus der Datenschutz-Grundverordnung gelten auch bei Telemedizin:
- Recht auf Auskunft über gespeicherte Daten
- Recht auf Berichtigung falscher Daten
- Recht auf Löschung nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist
- Recht auf Einschränkung der Verarbeitung
- Recht auf Datenübertragbarkeit
Verschlüsselung und Sicherheit: Sie haben Anspruch darauf, dass Ihre Gesundheitsdaten verschlüsselt übertragen und sicher gespeichert werden.
Recht auf Beschwerde
Bei Verstößen beschweren: Bei Verstößen gegen ärztliche Pflichten oder Datenschutz können Sie sich beschweren bei:
- Landesärztekammer
- Datenschutzbeauftragtem des Anbieters
- Landesdatenschutzbehörde
- Kassenärztlicher Vereinigung
Schadensersatz geltend machen: Bei Behandlungsfehlern können Sie Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen.
Grenzen der Fernbehandlung: Was ist nicht erlaubt?
Trotz der Lockerung des Fernbehandlungsverbots gibt es klare Grenzen. Diese dienen dem Patientenschutz.
Medizinische Grenzen
Notfälle sind ausgeschlossen: Akute Notfälle dürfen nicht per Fernbehandlung behandelt werden. Patienten müssen an Notfallambulanzen oder den Rettungsdienst verwiesen werden.
Beispiele:
- Herzinfarkt- oder Schlaganfallverdacht
- Schwere Atemnot
- Starke Brustschmerzen
- Schwere Verletzungen mit starkem Blutverlust
Komplexe Diagnosen: Erstdiagnosen unklarer, komplexer Symptome sollten nicht ausschließlich per Fernbehandlung erfolgen.
Arzneimittelrechtliche Grenzen
Betäubungsmittel grundsätzlich ausgeschlossen: Verschreibung von Betäubungsmitteln ist per Fernbehandlung grundsätzlich nicht erlaubt.
Ausnahmen:
- Bei bestehender Behandlungsbeziehung nach persönlichem Erstkontakt
- Bei chronischen Schmerzpatienten in Dauerbehandlung
- Mit besonderer Dokumentation und Begründung
Medikamente mit engmaschiger Überwachung: Medikamente, die regelmäßige Laborkontrollen oder körperliche Untersuchungen erfordern, sind für Fernverschreibung ungeeignet.
Datenschutzrechtliche Grenzen
Keine ungesicherten Kanäle: Fernbehandlung über nicht verschlüsselte Kommunikationskanäle wie normale E-Mail, SMS oder soziale Medien ist unzulässig.
Server in Drittstaaten: Speicherung von Gesundheitsdaten auf Servern außerhalb der EU ist problematisch und erfordert besondere Garantien.
Abrechnungsrechtliche Grenzen
Mengenbegrenzung: Kassenärztliche Vereinigungen begrenzen die Anzahl der Video-Sprechstunden pro Quartal, um Missbrauch zu verhindern.
Erstattungsgrenzen: Nicht alle Leistungen werden von Krankenkassen erstattet. Vor allem privatwirtschaftliche Anbieter werden oft nicht übernommen.
Qualitätssicherung und Kontrolle
Um die Qualität der Fernbehandlung sicherzustellen, gibt es verschiedene Kontrollmechanismen.
Ärztekammeraufsicht
Berufsrechtliche Kontrolle: Landesärztekammern überwachen die Einhaltung der Berufsordnung.
Kontrollmaßnahmen:
- Stichprobenartige Überprüfungen
- Beschwerdebearbeitung
- Berufsrechtliche Verfahren bei Verstößen
- Fortbildungsverpflichtungen
Sanktionen bei Verstößen:
- Belehrung und Ermahnung
- Geldbuße bis 50.000 Euro
- Berufsverbot in schweren Fällen
Kassenärztliche Aufsicht
Qualitätssicherung durch KVen: Kassenärztliche Vereinigungen überprüfen die Abrechnung und Qualität telemedizinischer Leistungen.
Kontrollen:
- Plausibilitätsprüfungen der Abrechnungen
- Dokumentationsprüfungen
- Wirtschaftlichkeitsprüfungen
Zertifizierung von Anbietern
CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt: Telemedizin-Plattformen müssen als Medizinprodukt zertifiziert sein.
ISO-Zertifizierungen: Viele Anbieter lassen sich zusätzlich zertifizieren:
- ISO 27001 (Informationssicherheit)
- ISO 9001 (Qualitätsmanagement)
- ISO 13485 (Medizinprodukte)
Praktische Tipps: So erkennen Sie legale Anbieter
Nicht alle Telemedizin-Anbieter erfüllen die rechtlichen Anforderungen. So erkennen Sie seriöse Anbieter:
Qualitätsmerkmale seriöser Anbieter
Rechtlich:
- Transparentes Impressum mit Angabe der verantwortlichen Ärzte
- Klare Datenschutzerklärung nach DSGVO
- AGB mit Aufklärung über Grenzen der Fernbehandlung
- Angabe der zuständigen Landesärztekammer
Medizinisch:
- Nur approbierte Ärzte mit deutscher Zulassung
- Sorgfältige Anamnese vor jeder Behandlung
- Aufklärung über Fernbehandlungsgrenzen
- Verweisung bei medizinischer Notwendigkeit
Technisch:
- CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt
- Ende-zu-Ende-Verschlüsselung
- Server in Deutschland oder EU
- Regelmäßige Sicherheitsaudits
Warnsignale unseriöser Anbieter
- Rezepte ohne ärztliche Konsultation
- Verschreibung von Betäubungsmitteln ohne Vorkontakt
- Keine Identitätsprüfung
- Werbung mit “schnell und ohne Fragen”
- Fehlende Angaben zu ärztlichen Qualifikationen
- Intransparente Preise
- Keine Datenschutzerklärung
Ihr Schutz als Patient
Vor der Nutzung prüfen:
- Impressum und Anbieterangaben checken
- Datenschutzerklärung lesen
- Bewertungen anderer Nutzer recherchieren
- Zertifizierungen überprüfen
Bei Zweifeln:
- Von der Nutzung absehen
- Bei Landesärztekammer nachfragen
- Verbraucherzentrale kontaktieren
- Seriöse Alternative wählen
Ausblick: Zukünftige rechtliche Entwicklungen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Telemedizin entwickeln sich weiter.
Geplante Gesetzesänderungen
Europäische Harmonisierung: Die EU arbeitet an einheitlichen Standards für grenzüberschreitende Telemedizin.
Erweiterung der Fernverschreibung: Diskussion über Lockerung der Betäubungsmittel-Regelungen für Schmerzpatienten.
Stärkung des Datenschutzes: Verschärfung der Anforderungen an Telemedizin-Plattformen geplant.
Technologische Entwicklungen
Künstliche Intelligenz: Einsatz von KI zur Unterstützung ärztlicher Diagnosen wirft neue rechtliche Fragen auf:
- Haftung bei KI-gestützten Fehldiagnosen
- Transparenzpflichten bei KI-Einsatz
- Aufklärung der Patienten über KI-Nutzung
Wearables und Telemonitoring: Kontinuierliche Gesundheitsüberwachung erfordert neue rechtliche Regelungen zum Datenschutz und zur ärztlichen Verantwortung.
Fazit: Rechtssicherheit für Patienten und Ärzte
Die rechtlichen Grundlagen der Fernbehandlung sind in Deutschland klar geregelt und bieten sowohl Patienten als auch Ärzten Rechtssicherheit.
Die wichtigsten Erkenntnisse:
Fernbehandlung ist legal: Seit 2018 dürfen Ärzte Patienten auch ohne vorherigen persönlichen Kontakt behandeln, sofern dies medizinisch vertretbar ist.
Hohe Qualitätsstandards: Ärzte müssen dieselben Sorgfaltspflichten erfüllen wie bei persönlichen Behandlungen. Aufklärung, Dokumentation und Verweisung bei Bedarf sind Pflicht.
Patientenrechte gelten uneingeschränkt: Sie haben bei Telemedizin dieselben Rechte wie bei persönlichen Arztbesuchen, einschließlich Aufklärung, Selbstbestimmung und Datenschutz.
Klare Grenzen schützen: Notfälle, komplexe Diagnosen und Betäubungsmittel-Verschreibungen sind von der Fernbehandlung ausgeschlossen oder stark eingeschränkt. Diese Grenzen dienen Ihrem Schutz.
Seriöse Anbieter erkennen: Achten Sie auf Zertifizierungen, transparente Angaben und sorgfältige Aufklärung. Unseriöse Anbieter erkennen Sie an fehlender Transparenz und unrealistischen Versprechen.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen ermöglichen sichere, hochwertige Telemedizin. Als informierter Patient können Sie die Vorteile der Fernbehandlung nutzen und gleichzeitig sicher sein, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben. Detaillierte Informationen zur praktischen Nutzung finden Sie in unserem Telemedizin Einsteiger-Guide und unserem Ratgeber zu Video-Sprechstunden.
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